Mögliche Langzeitkomplikationen nach Nierenlebendspende

Aufgrund der Datenanalysen des Schweizer Lebendspender-Gesundheitsregisters SOL-DHR gibt es im Wesentlichen nach Nierenlebendspende zwei mögliche Langzeitkomplikationen

  1. Hypertonie (erhöhter Blutdruck)
  2. Proteinurie/Albuminurie (Eiweissverlust mit dem Urin)

Beeinflussen diese beiden Langzeitkomplikationen kardiovaskuläre Erkrankungen? Wirken sie sich auf die Lebenserwartung aus?

Ad Hypertonie

Nach einer Nierenlebendspende kann ein Bluthochdruck entstehen. Ca. 15-20% aller und ca. 30% der über 60-jährigen Nierenspender entwickeln 5 bis 10 Jahre nach Spende eine Hypertonie. Diese Häufigkeit entspricht in etwa der der Schweizer Normalbevölkerung. Wird der Bluthochdruck bei Nierenspendern gut behandelt, gibt es für Spender - verglichen mit der Normalbevölkerung- kein erhöhtes Risiko, Gefäss- und Herzkrankheiten zu entwickeln.

Ad Albuminurie

Im Langzeitverlauf kann es als Zeichen einer gewissen Arbeitsüberlastung (sogenannter Hyperfiltrationsschaden) der Einzelniere zu Eiweissverlust (Proteinurie/Albuminurie) im Urin kommen. Der am häufigsten beobachtete Eiweissverlust mit dem Urin ist Albumin; man spricht deswegen von Albuminurie. Die Datenauswertung des Schweizer Lebendspender-Gesundheitsregisters SOL-DHR zeigt 10 Jahre nach Spende bei 7% der Nierenlebendspender einen derartigen Eiweissverlust (Albuminurie >5 mg/mmol). Ein persistierende schwere Eiweissausscheidung (Proteinurie > 100 mg/mmol) tritt bei < 1 % der Nierenlebendspender im Langzeitverlauf auf. Einige Studien geben an, dass Patienten mit erhöhter Albuminausscheidung ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen haben. Weiter ist zu erwähnen, dass eine persistierende, deutlich zu hohe Eiweissausscheidung mit dem Urin, die verbliebene Niere schädigen kann und deshalb behandelt werden muss. Aufgrund der SOL-DHR Daten hat die alleinige Albuminurie bei Spendern jedoch keine negative Auswirkung auf Herz und Gefässe.

Nach einer Nierenspende nimmt die Nierenfunktion erwartungsgemäss ab. Da die verbliebene Niere einen Teil der Filtrationsleistung der entnommenen Niere übernimmt (sogenannte Hyperfiltration), beträgt die Restfunktion 1 Jahr nach der Spende ca. 60-70% des Ausgangswertes. Da der Mensch aber mit viel Nierenreserve auf die Welt kommt, reicht diese Funktion aus, um ein normales Leben zu führen. Bisher sind schweizweit drei Nierenspender bekannt, welche mehr als 20 Jahre nach der Spende selbst dialysepflichtig wurden. Zwei davon haben die Nachkontrollen im Rahmen des Lebendspender-Gesundheitsregisters SOL-DHR regelmässig durchgeführt. Beide Spender waren zum Zeitpunkt des Beginns der Nierenersatztherapie über 80 Jahre alt und beide Spender entwickelten Jahre nach Spende einen schweren Eiweissverlust mit dem Urin (schwere Proteinurie). Insgesamt beträgt das Langzeitrisiko, selbst nach einer Nierenspende eine Nierenersatztherapie zu benötigen (daher dialysepflichtig zu werden) 0.1%. Dieser Wert ist nicht höher als in der Normalbevölkerung.

Aufgrund von meist retrospektiven (rückblickenden) Analysen, bei denen die Nierenlebendspender mit der Normalbevölkerung verglichen wurden, gibt es keine Anhaltspunkte, dass die Lebenserwartung nach Nierenspende niedriger ist. Man spricht von positiver Selektion der Nierenspender. Nierenspender werden erst nach einer gründlichen Untersuchung als Spender akzeptiert, wenn ein guter Gesundheitszustand sichergestellt wurde. Nach der Nierenspende werden regelmässige Nachsorgeuntersuchungen durchgeführt, sodass mögliche Komplikationen rasch erfasst und behandelt werden können. Deshalb ist es wichtig, an den regelmässigen Nachkontrollen von SOL-DHR teilzunehmen.

Eine weitere umfassende Analyse der Langzeitkomplikationen nach Nierenlebendspende erfolgt im 2023.